Eine neue Studie der Ruhr-Universität Bochum bringt frischen Schwung in eine alte Debatte: Ein Tempolimit von 120 km/h auf deutschen Autobahnen könnte nicht nur die Zahl der Unfälle, sondern vor allem die Zahl der Verkehrstoten deutlich reduzieren. Die Ergebnisse basieren auf einer modernen Datenauswertung mit Methoden des kausalen Machine Learnings und gehen weit über die Erkenntnisse der letzten großen Untersuchung aus den 1970er-Jahren hinaus.
Bemerkenswert ist vor allem, dass die Effekte besonders dort sichtbar werden, wo bislang eher wenig Verkehr herrscht – also auf Abschnitten, in denen Fahrzeuge sehr unterschiedlich schnell unterwegs sind. Das spricht gegen die oft geäußerte Empfehlung, Tempolimits nur flexibel oder in Zeiten geringen Verkehrsaufkommens einzusetzen. Betont wird jedoch, dass die entsprechenden Unterschiede nur teilweise statistisch signifikant sind und daher noch weiterer Forschung bedürfen.
Dennoch liefern die konservativ geschätzten Effekte ein klares Signal. Die Ergebnisse zeigen 9 Prozent weniger Unfälle mit Leichtverletzten, 26 Prozent weniger Unfälle mit Schwerverletzten und 35 Prozent weniger tödliche Unfälle durch eine lokale Geschwindigkeitsbeschränkung von 120 km/h. Die Studie liefert außerdem Hinweise darauf, dass Tempolimits besonders an Ein- und Ausfahrten sowie auf weniger befahrenen Strecken wirksam sind. „Allerdings ist schwer vorherzusagen, ob sich die Ergebnisse auf ein generelles Tempolimit im gesamten Autobahnnetz übertragen lassen“, so Maike Metz-Peeters vom Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Angewandte Ökonometrie der Ruhr-Universität Bochum. Möglich sei, dass sich Fahrgewohnheiten anpassen und die Unfallzahlen noch stärker sinken könnten. „Andererseits könnte es aber auch sein, dass Tempolimits ihre Signalwirkung verlieren, denn sie heben gefährliche Stellen ja besonders hervor. Als Folge könnten die Unfallzahlen auf bisher beschränkten Abschnitten auch steigen“, räumt die Wissenschaftlerin ein. (oe)
Originalpublikation: Maike Metz-Peeters: Mandatory speed limits and crash frequency on motorways — A causal machine learning approach, in: Transportation Research Part A: Policy and Practice, 2025, DOI: 10.1016/j.tra.2025.104616
