Die 2021 gegründete DeepDrive GmbH entwickelt auf Basis einer patentierten Doppelrotor-Radialfluss-Technik elektrische Antriebssysteme. Anfangs konzentrierte sich das Unternehmen auf Radnabenmotoren. Mittlerweile wurde das Produktspektrum um Zentralantriebe sowie Generatoren erweitert. Die Lösungen machen als Direktantriebe aufwändige Getriebe und Antriebswellen überflüssig. Da sie zudem ohne seltene Erden auskommen, sind sie effizienter und umweltfreundlicher als konventionelle Traktionsmotoren.
Zielsetzung:
DeepDrive will es Fahrzeugherstellern ermöglichen, neue Konzepte schneller, wirtschaftlicher und nachhaltiger umzusetzen – und so Elektromobilität für alle zugänglich zu machen. Dazu gehört das erklärte Ziel, die bestehende Preislücke von rund 10.000 Euro zwischen Elektrofahrzeugen und Verbrennern zu schließen und die Reichweite deutlich zu erhöhen.
Arbeitsbereiche:
- Entwicklung elektrischer Antriebssysteme auf Basis der Doppelrotor-Radialfluss-Technik
- Direktantriebstechnik inkl. Leistungselektronik
- Radnabenmotoren, Zentralantriebe, Generatoren (Range Extender)
Mitarbeiterzahl:
ca. 100
Damit erregte das Start-up Aufmerksamkeit:
- Auf der IAA 2021 in München hat DeepDrive große Beachtung gefunden. Sowohl führende Automotive-OEMs (z.B. BMW), als auch Hersteller aus Europa und Asien, die ihre Micromobility-Angebote ausbauen wollen, haben Interesse an der Technik gezeigt.
- DeepDrive arbeitet mit acht der zehn größten Autoherstellern zusammen. (Stand Herbst 2024)
- Im September 2025 präsentierte DeepDrive mit großem Medienecho erstmals ein umgebautes Tesla Model 3 Standard Range RWD (Baujahr 24) als fahrbares Demonstrationsfahrzeug mit zwei DeepDrive-19-Zoll-Radnabenmotoren IW 2000 (je 125 kW/340 PS) an der Hinterachse, die den Original-Zentalantrieb mit 325 PS ersetzen. Es soll gegenüber dem Serienfahrzeug bis zu 20 % mehr Reichweite bieten.
Erreichte Schritte (Stand Ende 2025):
- 2025: Wassergekühlter Generator MG 250 für getriebefreie Range Extender-Anwendungen mit einer Dauerleistung von 120 kW bei 5.000 Umdrehungen pro Minute.
- IAA 2025: Vorstellung des 19-Zoll-Radnabemmotors IW 2000 mit 2.000 Nm Maximaldrehmoment bei einem Gewicht von 34 Kilogramm.
- IAA 2025: Vorstellung des Zentralantriebs CD 450 auf Basis der Radialfluxmotortechnik mit integriertem Planetengetriebe mit koaxialer Abtriebswelle. Der Motor erreicht einen maximalen Wirkungsgrad von mehr als 97 % und eine Maximalleistung von 300 kW.
Geplante Schritte (Stand Ende 2025):
- Ende 2025: Abschluss WLTP-Messung am mit Radnabentechnik ausgestatteten Tesla Model 3
- 2026: Erste Kleinserienanwendungen
- 2028: Großserienstart (SOP)Motorprototypen
Finanzen/Struktur:
Das 2021 von sieben Studienkollegen der TU München mit eigenem Geld gegründete Start-up firmiert als GmbH.
- Anfang Februar 2022: Erste Finanzierungsrunde (Seed), bei der 4,3 Mio. Euro eingesammelt werden konnten.
- Seed: UVC Partners, Bayern Kapital (Wachstumsfond Bayern) sowie die Business Angel Jonas Rieke (COO bei Personio) und Dr. Peter Mertens (Ex-Entwicklungsvorstand Volvo/Audi).
- Series A: 15 Mio. Euro; BMW I Ventures, Co-pace (Continental) und UVC Partners
- Series B: 30 Mio. Euro; Leitmotif (co lead) mit der Volkswagen AG als Ankerinvestor
Standorte:
München
Kooperationen/Forschungsprojekte:
- 2023: Strategische Partnerschaft mit Continental für die Entwicklung und Industrialisierung eines Radnabenelektromotors mit integrierter hydraulischer Trommelbremse.
- 2025/26: Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Pilotprojekt mit vielversprechenden Prüfstandergebnissen (2024) planen die BMW Group und DeepDrive einen ersten Praxistest. Dabei werden die Fahreigenschaften verschiedener Varianten des Antriebs in Modellen der BMW Group auf der Straße getestet.
Patente:
Fünf erteilte Patente auf den Gebieten Motortechnik und Antriebs-Leistungselektronikkombination
Die Doppelrotortechnik von DeepDrive
DeepDrive hat die Idee der Radialflussmotoren mit zwei Rotoren (Innenläufer und Außenläufer) aufgegriffen und mit dem Ziel weiterentwickelt, die Leistungsdichte zu erhöhen und die Herstellung zu vereinfachen (siehe Patent). Das Unternehmen hat dies unter anderem durch eine Einzelzahnwicklung erreicht, die einen höheren Kupferfüllfaktor ermöglicht und gleichzeitig einfacher zu fertigen ist.
Zudem hat DeepDrive den Flussverlauf optimiert und die Eisen- bzw. Jochverluste reduziert. Dies wirkt sich insbesondere bei Arbeitspunkten mit niedrigeren Lastbedingungen positiv aus.
DeepDrive beziffert die dadurch realisierbare Energieeinsparung in typischen Fahrzyklen mit 30 Prozent. Der doppelte Luftspalt und der größere Hebelarm des äußeren Rotors führen zu 30 Prozent mehr Drehmoment im Vergleich zur Bauweise mit einem Rotor.
Die Motoren zeichnen sich zudem durch reduzierte Geräuschemissionen und minimale Drehmomentwelligkeit (unter 0,5 %) aus. Sie kommen mit weniger Elektroblech und kostengünstigeren Rotorproduktionsmethoden aus. Die im Vergleich größeren Kühlflächen verhindern einen zu starken Anstieg der Motortemperatur und somit eine temperaturbedingte Entmagnetisierung. Es können daher für den Rotor Permanentmagnete ohne die besonders teuren schweren seltenen Erden wie Dysprosium und Terbium verwendet werden. Zudem konnte durch die weiterentwickelte Motorkonstruktion der Kupferanteil reduziert und auf laminierten Stahl verzichtet werden.
So erreichen die DeepDrive-Motoren durch den cleveren Aufbau hohe Drehmomentdichten (z.B. IW 2000: 790 Nm Dauerleistung / 34 kg inkl. Umrichter, ohne Lager = 23 Nm/kg) bei kompakten Abmessungen (IW 2000: 160 mm Bautiefe inkl. Inverter, Durchmesser 428 mm).

Drehmoment-Leistungsdiagramm des IW 2000. Nach Datenblatt erreicht der Radnabenmotor Antriebsdrehmomente von 790 Nm (Peak: 2.030 Nm) und Dauerleistungen von 80 kW. ©
Laut Jochen Huber von BMW lassen sich damit zwischen 100 kg bis zu 150 kg pro Fahrzeug gegenüber konventionellem Zentralantrieb einsparen.
Grundsätzlich rechnet DeepDrive so: Werden die Motoren an der Hinterachse montiert, kann auf zusätzliche mechanische Bremsen verzichtet werden. Zusammen mit dem Wegfall des Getriebes und der Antriebswelle (Direktantrieb) summiert sich die Gewichtseinsparung so auf etwa 70 kg. Dadurch kann die Batteriekapazität ohne Reichweitenverlust gegenüber Fahrzeugen mit konventioneller E-Achse verkleinert werden, was eine weitere Einsparung von noch einmal ca. 60 kg bedeutet.
Das wirkt sich direkt auf die Reichweite aus. Gemäß Alexander Rosen erhöht sich die Reichweite eines Tesla Model 3 (siehe oben) mit seinem vergleichsweise alten Antriebsstrang durch den Ersatz des Tesla-Zentraltraktionsmotors durch zwei Radnabenmotoren vom Typ IW 2000 an den Hinterachsen des Fahrzeugs um bis zu 20 % beim WLTP-Zyklus. Selbst bei modernen Antriebssträngen (inklusive Zweiganggetriebe) wie dem des Mercedes-Benz CLA sind nach Einschätzung des Mitgründers und CTOs immerhin noch bis zu 5 % mehr Reichweite möglich.

Wirkungsgraddiagramm des DeepDrive-Radnabenmotors IW 2000 inkl. Leistungselektronik. (bei TMag=40°C, TCu=40°C, TC=40°C, Udc=650 V). © DeepDrive
Diese Einsparungen werden auch deshalb erreicht, weil es den DeepDrive-Konstrukteuren gelungen ist, den Wirkungsgrad im Teillastbetrieb (WLTP) und beim „Segeln“ (Autobahnfahrten) zu erhöhen. Dazu trägt auch die verwendete Umrichtertechnik bei. Der integrierte Wechselrichter der Hochvoltantriebe basiert auf SiC-MOSFETs in einer neuen Konfiguration (keine zweistufige B6-Konfiguration). Dies verringert die Schaltverluste des Umrichters sowie die induzierten Verluste in der elektrischen Maschine und führt zu einem höheren Wirkungsgrad im Teillastbereich.
Laut DeepDrive lassen sich unter dem Strich pro Fahrzeug mehrere hundert Euro allein am Antrieb durch reduzierten Materialaufwand einsparen.

