Start-up: Blickfeld – Nahtlos integrierbare LiDAR-Sensoren

Standardkomponenten und Massenproduktion sorgen für niedrige Kosten

LiDAR-Sensoren wie die von Blickfeld ermöglichen eine 360°-Umgebungserfassung. ©Blickfeld

Die in München ansässige Blickfeld GmbH entwickelt LiDAR-Sensoren für Objekterkennungsreichweiten bis 300 m sowie Perzeptionssoftware. Dank ihrer ultrakompakten Abmessungen lassen sich die Sensoren fast unsichtbar in Fahrzeuge integrieren. Sie sind massenfertigbar und erfüllen damit auch die Kostenanforderungen eines Serieneinsatzes.


Zielsetzung:

Blickfeld schafft innovative LiDAR-Sensorlösungen zur Erfassung des Umfelds für eine intelligentere, sicherere und effizientere Mobilität. Ziel ist es, Wahrnehmungslösungen zu schaffen, die dank Halbleiter-Technik günstig in Masse produzierbar sind, um so zur weiten Verbreitung von LiDAR-Technik in automatisierten und autonomen Fahrzeugen beizutragen.

Arbeitsbereiche:

  • LiDAR-Sensoren für Automobilanwendungen.
  • LiDAR-Sensoren für Smart-City-, Industrie- und Sicherheitsanwendungen.
  • Software-defined LiDAR, Erkennungssoftware

Mitarbeiterzahl:

ca. 160

Damit erregte das Start-up Aufmerksamkeit:

  • Blickfeld erhielt für die Entwicklung von Solid-State LiDAR-Sensoren zahlreiche Gründer-Preise, darunter The Spark von Handelsblatt und McKinsey sowie den höchstdotierten deutschen Gründer-Preis Start Me Up von Bilanz, Daimler, HanseMerkur and ProSiebenSat1 Media.
  • Auf der IAA 2019 stellten Webasto und Blickfeld als Weltpremiere ein Roof Sensor Module vor, bei dem LiDAR-Sensoren von Blickfeld elegant in das Dach von autonomen Fahrzeugen integriert wurden.
  • Ebenfalls 2019 entwickelten Koito, Anbieter von Fahrzeugaußenbeleuchtung, und Blickfeld gemeinsam einen LiDAR-Sensor, der sich vollständig in Scheinwerfer integrieren lässt.
  • Auf der CES 2022 kündigt das Unternehmenden branchenweit ersten smarten 3D-LiDAR Qb2 an, der der Software und Hardware in einem Gerät vereint und LiDAR-Daten sowohl erfasst als auch verarbeitet.

Herzstück der LiDAR-Sensoren von Blickfeld: Das mit einem adaptierten Halbleiter-Prozess gefertigte MEMS-Modul.

©Blickfeld

Finanzen/Struktur:

Blickfeld wurde 2017 von drei Gründern ins Leben gerufen: Dr. Mathias Müller (CEO und Managing Director), Dr. Florian Petit (Chief Experience Officer) und Rolf Wojtech (Chief Software Architect). Seit Juli 2020 leitet Terje Noevig als Managing Director gemeinsam mit Mathias Müller das operative Geschäft. Das Unternehmen verfügte zum 31.12.20 über 10,9 Mio. € Aktiva.

Investoren/Eigentümer/Beteiligungen:

Finanziell unterstützt wird Blickfeld seit der Gründung von Bayern Kapital, Continental, Fluxunit – ams OSRAM Ventures, High-Tech Gründerfonds, Tengelmann Ventures und UVC Partners.

  • Im Rahmen der Ende 2021 erfolgten Erhöhung der Series-A-Finanzierung kam die Private-Equity-Gesellschaft New Future Capital hinzu.
  • Im Juli 2022 erhält das Unternehmen von der EU durch eine Garantie abgesicherte 15 Mio. Euro von der Europäischen Investitionsbank im Rahmen des Venture-Debt-Programms.
  • Update vom 21.12.23: Blickfeld sichert sich Wachstumsfinanzierung in Höhe von 7,5 Millionen Euro. Angeführt von den Private-Equity-Gesellschaften New Future Capital (NFC) und UVC Partners beteiligen sich alle bestehenden Kapitalgeber: Bayern Kapital, Continental, Fluxunitams OSRAM Ventures, High-Tech Gründerfonds und Tengelmann Ventures. Das Unternehmen will damit den Umsatz im kommenden Jahr und darüber hinaus verdoppeln sowie die Marktpräsenz vor allem in Europa, Nordamerika und China ausbauen.

Standorte:

Hauptsitz in München. Büros in den USA und China. International arbeitet Blickfeld mit Distributoren und Value Added Resellern zusammen.

Patente:

Über 30 Patente im Zusammenhang mit Lasertechnologie und MEMS-Spiegeln, unter anderem zur Lichtdetektion und Entfernungsmessung.

Kooperationen/Forschungsprojekte:

Blickfeld arbeitet mit zahlreichen Partnern zusammen, darunter Jungsang Lidar, Audi, Continental, Mercedes Benz, Fraport, Innogy und Koito. Außerdem hat sich das Unternehmen an Forschungsprojekten wie IN2Lab zur Entwicklung eines Sicherheitssystems für automatisiertes Fahren oder das vom BMVI geförderte Forschungsprojekts LiDARshared beteiligt, bei dem mehrere Partner gemeinsam an einer adaptiven LiDAR-Steuerung für die Echtzeit-Datenerfassung und -übertragung in Automobilen gearbeitet haben.

So geht’s weiter:

  • Ausbau des Produktspektrums und des Vertriebs, wobei der Fokus auf Lösungen für die Industrie liegt.

Die Technik des LiDAR-Sensors Vision Mini:

Herzstück der Solid-State-LiDAR-Technik von Blickfeld ist die MEMS-Strahlablenkungseinheit (Spiegel) mit einem Durchmesser von einem Zentimeter für eine große Aperture. Sie wird in einem Standardsiliziumprozess gefertigt, sodass sie sich relativ günstig in großen Stückzahlen produzieren lassen.

Zu den vergleichsweise niedrigen Kosten des Gesamtsystems trägt bei, dass das Unternehmen bei den meisten Systemkomponenten, wie Laser oder Detektoren, auf vorhandene Commodity-Lösungen zurückgreift. So nutzt das patentierte Laser-Detektor-Modul einen optoelektronischen Aufbau, der dem von Automobilkameras nachempfunden wurde. Es kann daher auf Serienproduktionslinien mit höchster Präzision gefertigt werden, wie sie auch in der Kameraproduktion eingesetzt werden. Auch beim Laser setzt Blickfeld auf bewährte Technik: Eine 905nm-Quelle, die sich jedoch nur mit vergleichsweise geringer Leistung betreiben lässt. Um diesen Nachteil auszugleichen, hat Blickfeld einen Spiegel mit einem Durchmesser von einem Zentimeter entwickelt, der hohe Reichweiten und ein großes Sichtfeld erlauben.

Die Verwendung von handelsüblichen Komponenten hält nicht nur die Kosten niedrig, sondern erhöht auch die Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Sensors für verschiedene Anwendungsfälle.

Für den Einsatz in Automobilen hat Blickfeld auf Basis dieser Architektur den LiDAR-Sensor Vision Mini mit einer Leistungsaufnahme der Optronik von unter 5W entwickelt. Der LiDAR-Sensor lässt sich dank der kompakten Bauform von 50x50x50 mm (L x B x H) und des geringen Gewichts von unter 200 g auch bei beengten Platzverhältnissen. wie sie in Scheinwerfern, Dachsystemen, Spiegeln oder Rückfahrleuchten vorherrschen, integrieren und soll so eine 360°-Rundumsicht ermöglichen.

Der LiDAR-Sensor VisionMini ist ein Würfel mit der Kantenlänge 5 cm. ©Blickfeld

Der LiDAR-Sensor eignet sich für die Erfassung von Objekten im Bereich 0,2 bis zu 150 Metern und deckt damit den Nahbereich bis mittlere Reichweite bei einem horizontalen Sichtfeld bis zu 120° bzw. einem vertikalen Sichtfeld bis zu 50° bei einer Winkelauflösung von bis zu 0,2° x 0.2° ab. Die Spiegelsteuerung erlaubt es, die vertikale Auflösung und die Bildrate der LiDAR-Sensoren auch während des Betriebs flexibel anzupassen. Daher ist beispielsweise die dynamische Definition von Fokuszonen möglich, in denen Objekte detaillierter erfasst werden. Die Frame Rate ist ebenfalls konfigurierbar und beträgt maximal 20 Hz bei mehrern hundert Scanlines pro Frame. Die Kosten pro Sensor liegen derzeit im niedrigen vierstelligen Eurobereich. Beim Start der Massenproduktion, den Blickfeld bei den Automotive-Sensoren wegen der langen Entwicklungszyklen in einigen Jahren erwartet, kalkuliert das Unternehmen mit Preisen im niedrigen dreistelligen Bereich.