Start-up: Modelwise – Automatisiert die Sicherheitsbewertung

Einfach bedienbare Software garantiert schnellere und zuverlässigere Ergebnisse bei Fehleranalysen

Auf Basis digitaler Schaltungsmodelle erzeugt paitron automatisiert Fehlerreports, wie sie für Sicherheitsbewertungen im Rahmen von FMEA oder FMEDA gemäß ISO 26262 benötigt werden. ©modelwise

Das Münchner Start-up modelwise hat das Softwarewerkzeug paitron entwickelt, mit dem sich Sicherheitsbewertungen weitgehend automatisiert und mit besseren Ergebnissen durchführen lassen. Das Tool basiert auf einem über Jahre an der TU München erforschten mathematischen Verfahren, das jetzt zum Asset von modelwise gehört und dort weiterentwickelt wird. Nach ersten Erfolgen in der Industrie erweitert das Start-up jetzt den Einsatzfokus und adressiert auch Automotive-Anwendungen.


Zielsetzung:

Modelwise will mit seinen Softwaretools manuelle und fehleranfällige Arbeitsschritte bei der Bewertung der funktionalen Sicherheit von einzelnen Komponenten und kompletten Systemen überflüssig machen und so die Sicherheit von Automobilen, Flugzeugen und Maschinen erhöhen.

Arbeitsbereiche:

  • Mathematische Verfahren zur Ermittlung von Fehlerursachen und deren Auswirkungen in sicherheitskritische Industrien.

Mitarbeiterzahl:

mehr als 10 Vollarbeitsplätze

Damit erregte das Start-up Aufmerksamkeit:

  • 2018: Preisträger in der Runde 2018/2 des Gründungswettbewerbs Digitale Innovation des BMWi
  • Juni 2019: Bewilligung Exist Forschungstransfer
  • Okt 2020: Erster Prototyp von paitron im Einsatz bei Industrieprojekten von HIMA und P+F
  • Nov. 2021: TÜV Konzeptreport für den Nachweis, dass das modelwise-Konzept die höchsten Sicherheitsanforderungen der Automobil- und Prozessindustrie erfüllt
  • Januar 2022: Markteintritt mit V1 von paitron in der Prozessindustrie im Januar 2022 in DE und Japan
  • Frühjahr 2022: Auszeichnung als eines der aussichtsreichsten Startups in Europa durch das Intel Ignite Programm
  • April 2022: Investment von Berkeley SkyDeck
  • April 2023: Erfolgreicher Abschluss einer von Join Capital angeführten Seed-Runde in Höhe von 2,2 Mio. € mit Beteiligung von Emerging Venture Capital, FAST by Gettylabs und mehreren Angel-Investoren

Durch die automatisierte Erstellung des Safety Reports auf Basis des CAE-Models entfällt die aufwändige Abstimmung zwischen dem Schaltungsentwickler und Sicherheitsingenieur. ©modelwise.

©Quelle

Struktur:

Modelwise wird von Arnold Bitner, Florian Grigoleit und Iliya Valchev geführt, die sich an der TU München in der Forschungsgruppe Modell-basierte Systeme und Qualitative Modellierung (MQM) kennengelernt hatten und 2018 das Start-up gemeinsam gegründet haben.

Finanzen:

  • Umsatzzahlen 2023: sechsstellig
  • Investoren: Join Capital, Berkeley SkyDeck, FAST bei Gettylabs
  • Finanzierungsrunden: Series Seed im April 2023
  • Beteiligungen: keine

Standorte:

München, Garching und San Francisco

Kooperationen/Forschungsprojekte:

  • BayChamp mit MicroSys: Im Rahmen dieses Projekts wird von modelwise eine Methodik zur Automatisierung der Sicherheitsanalyse großer Elektroniksysteme (mehr als 1.000 Komponenten einschließlich integrierter Schaltungen) entwickelt. Das Ziel ist es, einen Sicherheitsnachweis für einen innovativen Flight-Computer zu geben.

So geht’s weiter:

  • Einstieg in die Serienproduktion; Vollzertifizierung für sicherheitsrelevante Industrien
  • Erweiterung der Software für die Analyse von Chips sowie Multi-PCB-Systemen

Das steckt hinter paitron

Mit paitron können Sicherheitsverantwortliche Analysen zur Beurteilung der funktionalen Sicherheit von Hardware automatisieren. Ausgangspunkt ist die mit PCB- und Simulationstools wie OrCAD, Matlab Simulink oder LTspice erstellte elektronische Schaltung. Die so erzeugten Artefakte müssen nicht weiterbearbeitet oder mit zusätzlichen Daten angereichert werden, um nach dem Export direkt von paitron genutzt werden zu können.

Nach dem Einlesen der Daten können Anwender in paitron die Fehleranalyse nach wenigen Vorbereitungen starten: Sie müssen die Analysespezifikationen festlegen und u.a. auswählen, welche Analysen sie durchführen wollen (FMEA, FMEDA, FMECA, FTA, etc.). Zudem ist festzulegen, aus welcher Quelle (z.B. Military Handbook 217 oder Siemens Standard SN 29500) die Informationen zu den Ausfallraten der verwendeten Hardwarekomponenten herangezogen werden sollen, die digitaler Bestandteil von paitron sind.

Mit dem Start der Analyse werden alle in der untersuchten Schaltung verwendeten Komponenten, ihre Fehlermodi und deren Auswirkungen mit Hilfe von Algorithmen auf Basis Boolscher Algebra automatisch ausgewertet. Konkreter: Es wird für jeden Fehlermodus mittels formaler Methoden (SAT-Solving) ermittelt, welche Auswirkungen ein Fehler auf die funktionale Sicherheit der Gesamtschaltung hat. Die Ergebnisse werden in einem Sicherheitsbericht zusammengeführt.

Ergebnis der Fehleranalyse einer Beispielschaltung, wie sie paitron erzeugt. ©modelwise

Prinzipiell lässt sich mit diesem mathematischen Verfahren jegliche Hardware analysieren. Bislang konzentriert sich modelwise wegen der dort weit fortgeschrittenen Standardisierung auf die Leiterplattenebene.

Die Grundsatzforschung zur automatischen Umwandlung von numerischen Modellen in logische Modelle, auf die paitron aufbaut, wurde von Professor Peter Struss von der TU München durchgeführt. Er arbeitet seit den 80er Jahren an der Automatisierung der FMEA. Das von einer Forschungsgruppe um Prof. Struss in 50 Mannjahren entwickelte AMT-Verfahren (Automatische Modell Transformation) gehört heute zum Asset von modelwise.

Paitron wird bereits von führendend Unternehmen in der Automatisierungs- und Luftfahrt- Industrie verwendet und hat sich im Rahmen mehrerer Proof-of-Concept-Projekte in der Automobilindustrie bewährt. (jr)