Start-up: Celus – KI-Unterstützung für Schaltungsdesigner

Celus bietet Softwrae für die halbautomatisierte Generierung von Schaltplänen und Stücklisten

Celus automatisiert zentrale Schritte des Design-Prozesses, die bislang häufig nicht integriert waren und/oder weitgehend manuell durchgeführt wurden. © Celus

Die Designplattform des Münchner Start-up Celus ermittelt automatisiert Schaltungen und konkrete Bauelemente, mit der sich ein auf funktionaler Ebene beschriebenes Projekt unter Einhaltung von definierten Randbedingungen umsetzen lässt. So können Designer Schaltpläne und Stücklisten fast auf Knopfdruck erzeugen und verschiedene Designoptionen schneller durchspielen. Das Cloud-basierte Tool kann als Beta-Version kostenlos getestet werden. Anfang 2024 wird die erste Release freigeschaltet.


Zielsetzung:

Celus überträgt Verfahren wie Wiederverwendung, Modularisierung, KI und Automatisierung, die sich in der Softwarewelt bereits bewährt haben und schon weit verbreitet sind, in die Hardwarewelt. Ziel ist es, fehleranfällige manuelle Schritte überflüssig zu machen und einen durchgängigeren, effizienteren Design-Flow zu ermöglichen.
Der Anspruch ist dabei nicht, eine Automatisierungsplattform anzubieten, sondern den Hartwareentwicklern einen intelligenten Begleiter zur Seite zu stellen, der sie bei ihrer Arbeit unterstützt.

Arbeitsbereiche:

  • Einsatz von KI- und ML-Algorithmen zur Automatisierung von Hardwaredesignprozessschritten.
  • Standardisierung von digitalen Formaten für maschinenlesbare Schaltungsspezifikationen.
  • Weiterentwicklung des »Cubo«-Formats. Diese von Celus entwickelte maschinell verarbeitbare digitale Schaltungsspezifikation soll konventionelle gedruckte oder als PDF vorliegende technische Dokumente wie Datenblätter, Anwendungshinweise und Referenzschaltungen ablösen.
  • Ausbau der Cubo-Datenbank in der Celus Design Platform und Integration (Import-/Exportfunktion) in EDA-Lösungen zusätzlicher Anbieter.

Mit Cubos wird die Funktion und das gewünschte und erforderliche Verhalten einer Schaltung – hier ein Mikrocontroller mit seiner Beschaltung – elektronisch lesbar beschrieben. ©Celus

Mitarbeiterzahl:

  • >70
  • Über 30 Nationalitäten

Damit erregte das Start-up Aufmerksamkeit:

  • 2018: Erfolgreicher Proof of Concept des ersten Hardwarecompilers.
  • Juli 2022: Erfolgreicher Abschluss einer Finanzierungsrunde
  • 2022: Abschluss eines ersten sehr umfangreichen Partnerschaft mit AVNET.
  • 2023: – Gründung eines Technologie-Büros in Porto (Portugal), um den Ausbau der Bibliothek und das Cubo-Format voranzutreiben.

Struktur:

Celus wird von den Brüdern Alexander Pohl (CTO) und Tobias Pohl (CEO) geführt, die das Start-up 2018 gemeinsam mit André Alcalde gegründet haben. Die Führungsmannschaft für durch ein fünfköpfiges Advisory Board unterstützt (Paul Gojenola, VP Hardware Development bei Google; Sir John Rose, ehemaliger Rolls-Royce-CEO; Sir Peter Bonfield, NXP-Vorstandsvorsitzender; Martina Koederitz, Bosch-Aufsichtsratsmitglied; Carl-Peter Forster, ehemalgier Opel-CEO; Koenraad Crooijmans, Morgan Stanley).

Finanzen:

  • Abgeschlossene A-Serie im Juli 2022
  • Investoren: Plug & Play, Earlybird Venture Capital, Di Capital, Speedinvest, 2xN Venture, u.a.

Standorte:

Deutschland (München) und Portugal (Porto)

Kooperationen/Forschungsprojekte:

  • Im Forschungsprojekt KIRESys wird unter der Konsortialführung von Celus ein Verfahren zur KI-basierten Verarbeitung von Referenzdesigns entwickelt. Laufzeit: 01.01.2021 – 31.12.2023.
  • ProgressivKI: Die Partner des Forschungsprojekts arbeiten an einer modularen strukturierten KI-Plattform, die die Entwicklung von effizienten und sicheren Elektroniksystemen für zukünftige KFZ-Anwendungen mit automatisierten Fahrfunktionen unterstützen soll.
  • GraphPCBS: In dem Verbundprojekt arbeiten Celus und die Universität Kassel zusammen, um ein Verfahren zu entwickeln, das mittels Künstlicher Intelligenz eine schnelle und ressourcenschonende Entwicklung optimierter elektronischer Schaltungen auf Leiterplattenebene ermöglichen soll.

So geht’s weiter:

  • Beginn 2024: Launch Celus Design Platform als Freemium-Modell
  • Im Laufe des Jahres 2024: Einführung eines Standardprozesses, bei dem Spezifikationen aus den PDF-Datenblättern, Applikationshinweisen und Referenzdesigns der Hersteller vollautomatisch für die Erzeugung von Cubos extrahiert werden.

Das steckt hinter der Celus Design Platform:

Die Celus Design Platform unterstützt Hardwareentwickler sowohl bei der Selektion und Verknüpfung der benötigten Schaltungen zur Implementierung gewünschter Funktionen als auch bei der Auswahl der passenden Bauelemente. Das Endergebnis des Prozesses ist ein für andere EDA-Tools lesbarer Schaltplan inklusive Stückliste, der vom Anwender festgelegte sowie aus schaltungstechnischen Erfordernissen automatisch abgeleitete Hardwareanforderungen erfüllt.

Ein zentraler Bestanteil der Designplattform ist die von Celus entwickelte Cubo-Technik. Cubos sind maschinenlesbare Formate zu Beschreibung von Spezifikationen und Anforderungen elektronischer Schaltungen. Hinter einem Cubo verbirgt sich bei komplexeren Bauelementen wie Mikrocontroller ein bestimmter Baustein bzw. eine Bausteinfamilie mit den diversen Optionen/Varianten. Die laut Datenblatt erforderliche Beschaltung ist dabei schon Teil des Cubos, allerdings noch nicht in Form konkreter Komponenten eines bestimmten Typs. Bei einfacheren Varianten wie einen Spannungsteiler sind alle Bausteine angelegt, aber ebenfalls nicht konkretisiert.

Die Arbeitsumgebung der Celus Design Platform: Im Zentrum sind die verschalteten Cubos zu sehen. Links ist das Auswahlfenster mit den Komponentenkategorien (Cubos) angeordnet, rechts das Fenster für die Anzeige und Definition von Spezifikationen der Cubos. ©Celus

Die Celus Design Platform bietet eine Designbibliothek mit Cubos für Mikrocontroller, Verstärker, Displays, DC/DC-Regler etc. Sie können mittels Drag&Drop auf dem Design Canvas, der Arbeitsfläche der Benutzeroberfläche der Designplattform, abgelegt und verschaltet werden. Die Cubos erzeugt, verwaltet und wartet in der Regel das Celus-Team. Bislang werden Cubos manuell oder halbmanuell mit Hilfe von Skripten aufgebaut.

Jedem Cubo können Designanforderungen in Form von Parametern (»Specs«) mitgegeben werden. Nicht gesetzte Parameter werden in den folgenden Schritten von der Software passend zu den restlichen Cubos und der Verschaltung gewählt. Tauchen bei der Verschaltung der Cubos Verletzungen der Anforderungen auf oder ist ein Eingreifen des Anwenders erforderlich, meldet dies die Software. Designfehler werden so vermieden.

Der Anwender kann jederzeit die Software veranlassen, nach passenden Bauelementen für die noch nicht konkretisierten Bausteine zu suchen.

Wegen der großen Zahl an möglichen Permutationen ist eine klassische Lösung auf dem Rechenweg nicht mit vertretbarem Aufwand möglich. Celus nutzt daher KI- und ML-Algorithmen, um den Suchbaum deutlich zu verkleinern und Designentscheidungen zu treffen. Das Unternehmen greift dabei auf Erkenntnisse aus jahrelangen Forschungen zurück.

Zum Output der Celus Design Platform gehört eine komplette Stückliste. ©Celus

Ist die Suche abgeschlossen und sind die passenden elektronischen Bauteile identifiziert, erzeugt die Software auf Knopfdruck einen Schaltplan, eine Layoutdatei, eine Stückliste und eine Dokumentation. Schaltplan und Layoutdatei können mit Altium Designer direkt importiert und weiterbearbeitet werden (gilt auch umgekehrt).

Die Informationen zu den konkreten Bauteilen bezieht Cubos von Datenaggregatoren wie IHS. Die Übertragung der Daten aus diesen unterschiedlichen Quellen in den Celus Components Standard  macht einen Hauptteil der Arbeiten bei Celus aus. Das Problem der zum Teil unterschiedlichen Angaben/Ermittlungsverfahren einer Spezifikationskategorie durch verschieden Hersteller löst Celus aktuell dadurch, dass nur Komponenten von namhaften Herstellern berücksichtigt werden. (jr)