Start-up: DeepDrive – Heckantrieb für E-Fahrzeuge

Radnabenmotoren als Enabler für Gewichtseinsparung und ein Plus an Effizienz

Fahrzeugplattform. Quelle: DeepDrive

Die 2021 gegründete DeepDrive GmbH hat sich ganz der Radnabenmotortechnik und der zugehörigen Leistungselektronik verschrieben. Die patentierte Motorlösung führt zu deutlichen Gewichtseinsparungen und höherer Energieeffizienz von Elektrofahrzeugen und damit höheren Reichweiten bei unveränderter Batteriekapazität. Darauf aufbauend hat das Münchner Start-up eine skalierbare Fahrzeugplattform entwickelt, die das Spektrum von  L7e-Fahrzeugen bis zu Transportern für den innerstädtischen Lieferverkehr abdeckt. Dabei konnten die Gründer auf ihre Erfahrungen aus der Mitarbeit im Formula Student Team der TU München und anschließenden Tätigkeiten bei führenden E-Mobility-Unternehmen zurückgreifen.


Zielsetzung:

DeepDrive will es den Fahrzeugherstellern der Zukunft ermöglichen, neue Fahrzeugkonzepte wirtschaftlicher und schneller zu entwickeln, die sich durch geringerem CO2-Fußabdruck und reduzierten Gesamtbetriebskosten auszeichnen.

Arbeitsbereiche:

  • Entwicklung innovativer Nabenmotoren inkl. Leistungselektronik
  • Entwicklung und Bereitstellung von »Plug&Play«-Fahrzeugplattformen für die Verwendung in Prototypen- und Serienfahrzeugen, die bereits die Batterie, den Antriebsstrang sowie Lenkung und Fahrwerk einschließt.

Mitarbeiterzahl:

ca. 15

Damit erregte das Start-up Aufmerksamkeit:

Auf der IAA 2021 in München hat DeepDrive große Beachtung gefunden. Sowohl große Automotive-OEMs, wie auch Hersteller aus Europa und Asien, die ihre Micromobility-Angebote ausbauen wollen, haben Interesse an der Technik gezeigt.

Geplante Schritte:

  • Mitte 2022: Markteinführung der Motorvarianten RM 300 für Micro Mobility Fahrzeuge (L6e/L7e) bzw. 48V-Anwendungen
  • 2022: Erste Kundenfahrzeuge mit Motorprototypen
  • Ende 2022; Markteinführung der Hochvoltvariante RM 1800 für die Fahrzeugsegmente B und C 
  • Industrialisierung des RM 300 bis Ende 2023, SUP für den RM 1800 ab 2025

Maßstäblich verkleinerter Prototyp des DeepDrive-Nabenmotors. ©DeepDrive

Finanzen/Struktur:

Das 2021 von sieben Studienkollegen der TU München gegründete Start-up firmiert als GmbH und wurde bis zur ersten Finanzierungsrunde, bei der Anfang Februar 2022 4,3 Mio. Euro eingesammelt werden konnten, ausschließlich von den Gründern finanziert.

Investoren/Eigentümer/Beteiligungen:

Seed: UVC Partners, Wachstumsfond Bayern sowie die  Business Angel Jonas Rieke (COO bei Personio) und Dr. Peter Mertens (Ex-Entwicklungsvorstand Volvo/Audi).

Standorte:

München

Patente:

5 angemeldete Patente (Motortechnik, Antriebs-Leistungselektronikkombination)

Technologie des RM1800

Eine Schlüsseltechnologie der DeepDrive-Plattform ist ein effizienter und kompakter Radnabenmotor auf Basis eines permanenterregten Radialflussmotors mit neuartiger Wicklung. Damit sind Antriebe mit hoher Drehmomentdichte bei gleichzeitig niedrigen Kosten – vergleichbar mit denen moderner konventioneller E-Achsen – möglich. So hat DeepDrive den RM 1800 mit mehr als 150 kW Leistung und einem Drehmoment von über 1.800 Nm entwickelt, die in 18-Zoll-Felgen Platz finden. Laut Unternehmensanalysen, die durch Tests mit maßstäblich verkleinerten Prototypen verifiziert wurden, lassen sich damit batterieelektrische Fahrzeuge konstruieren, die gegenüber modernen Elektrofahrzeugen eine um 20% reduzierte Leistungsaufnahme aufweisen. Die Verbesserung hat mehrere Ursachen.

So kommt der DeepDrive-Motor als Direktantrieb anders als konventionelle E-Achsen ohne Getriebe und Antriebswelle aus. Darüber hinaus ist der Motor nur mit sehr geringen Eisenverlusten behaftet und die spezifische Drehmomentdichte ist mit über 80 Nm/kg bezogen auf die aktiven Teile sehr hoch. Das benötigte hohe Drehmoment eines Direktantriebs geht zwar mit einer Erhöhung der Kupferverluste einher, die jedoch nur einen geringen Einfluss auf die Zyklusverluste haben. Außerdem kann Wärme durch ein effektives Kühlkonzept gut abgeführt werden, so dass von jedem Motor ein Dauerdrehmoment von mehr als 1.000 Nm geleistet werden kann.

Der integrierte Wechselrichter der Hochvoltantriebe basiert auf SiC-MOSFETS in einer neuen Konfiguration (keine zweistufige B6-Konfiguration), die die Schaltverluste des Umrichters sowie die induzierten Verluste in der elektrischen Maschine verringert und zu einem höheren Wirkungsgrad im Teillastbereich führt. Die Verbesserungen resultieren in einem maximalen Wirkungsgrad des kompletten Achssystems von über 96%.

Wirkungsgraddiagramm des DeepDrive-Radnabenmotors inkl. Leistungselektronik. ©DeepDrive


Außerdem konzentriert sich der Bereich des besten Wirkungsgrads auf den Bereich des niedrigen Drehmoments, was zu einem ausgezeichneten Lastzykluswirkungsgrad von 89% bei Nenn-Temperatur führt. Anders als bei konventionellen E-Achsen steigt der Zykluswirkungsgrad der DeepDrive-Motoren bei niedrigeren Temperaturen sogar auf 90%, da die Kupferverluste bei niedrigeren Temperaturen abnehmen. Werden die Motoren an der Hinterachse montiert, kann auf zusätzliche mechanische Bremsen verzichtet werden. Zusammen mit dem Wegfall des Getriebes und der Antriebswelle summiert sich die Gewichtseinsparung so auf etwa 70 kg. Dadurch kann die Batteriekapazität ohne Reichweitenverlust gegenüber Fahrzeugen mit konventioneller E-Achse verkleinert werden, was noch einmal ca. 60 kg Einsparung bedeutet. Wichtiger Nebeneffekt: Das ungefederte Gewicht – ein Motor wiegt inkl. Umrichter nur 30 kg – ist klein.