Start-up: driveblocks – Autonom Fahren ohne HD-Karten

Durch Aufgabenteilung schneller zum Ziel

Autonome Fahrzeuge können mit Algorithmen von driveblocks selbst kritische Situationen wie Baustellen ohne hochgenaue Karten oder V2X-Kommunkation erkennen und entsprechend reagieren.©driveblocks

driveblocks entwickelt Software, die autonomes Fahren ganz ohne hochgenaue Karten ermöglicht. Anwender können sich dabei aus einem Baukasten mit unterschiedlichen Modulen bedienen, diese Module bei Bedarf adaptieren und in die eigene Lösung integrieren. So verkürzt sich der Weg zur Serienreife. Das Start-up aus München hat mit seinem Ansatz insbesondere das Interesse von LKW-Herstellern und Logistikunternehmen geweckt.


Zielsetzung:

Die zentrale Herausforderung bei der Kommerzialisierung autonomer Fahrzeuge stellen die Skalierbarkeit und Robustheit der Algorithmen sowie die Betriebskosten dar. Eine wesentliche Limitierung entsteht dabei durch den Einsatz von hochgenauen Karten. Diese müssen stets aktuell gehalten werden und jede Änderung auf die komplette Flotte verteilt werden. driveblocks hat eine neuartige Sensorfusionstechnik entwickelt, die es ermöglicht die Abhängigkeit von diesen Karten in einem ersten Schritt stark zu reduzieren und schlussendlich komplett zu eliminieren.

Statt als Anbieter einer vertikal integrierten Komplettlösung, positioniert sich driveblocks als Softwarezulieferer in einem sich dezentral organisierenden, partnerschaftlichen Ökosystem. Letzteres soll im Kern aus Software- und Hardwarekomponenten bestehen, die hochspezialisierte Anbieter wie driveblocks unter Verwendung etablierter Standards und einer hohen Kompatibilität mit Open-Source Frameworks entwickeln und bereitstellen. Mit seinen Produkten zielt das Start-up insbesondere auf Fahrzeuge ab, die in der Logistik Hub-to-Hub-Verbindungen auf der Autobahn bedienen oder im Bergbau und in Container-Terminals eingesetzt werden.

Arbeitsbereiche:

  • Umfeldwahrnehmung und Objekterkennung
  • Sensorfusion und Umfeldmodelle (Modell des Fahrkorridors)
  • Bahn- und Bewegungsplanung

Mitarbeiterzahl:

ca. 10

Damit erregte das Start-up Aufmerksamkeit:

  • Nach der primär simulationsbasierten Entwicklung der Algorithmen wurden im Dezember 2022 die ersten Tests auf einem Entwicklungsfahrzeug bei einem Pilotkunden durchgeführt und erfolgreich abgeschlossen.
  • Auf der CES 2023 hat driveblocks die nächste Generation seiner Mapless Autonomy-Plattform vorgestellt. Nach Angaben des Unternehmens waren Vertreter aller großen LKW-Hersteller auf dem Stand und haben sich über die innovative Software informiert. Besonders die Möglichkeit, die Software bereits frühzeitig als Backup für bestehende Assistenzsysteme oder für autonome Funktionen zu nutzen, die mit hochgenauen Karten arbeiten, stieß auf großes Interesse.

Visualisierung des Umfeldmodells. Zugrunde liegen Kameradaten, die mit einem Erprobungs-LKW gesammelt wurden. Die gezeigten, farbig umrandeten ‚Felder‘ bilden die Basis des Algorithmus und werden kontinuierlich mit den Sensordaten abgeglichen.

©driveblocks

Struktur:

Die driveblocks GmbH wurde Dezember 2021 von sechs Doktoranden der TU München ins Leben gerufen, die auf langjährige Erfahrung in der Forschung und Entwicklung von Algorithmen zum automatisierten Fahren zurückblicken und bereits bei mehreren Forschungswettbewerben, unter anderem der Indy Autonomous Challenge, erfolgreich teilgenommen haben. Geschäftsführer sind Alexander Wischnewski und Dr. Stephan Matz.

Finanzen:

  • Anfang 2022: Finanzierungsrunde mit den Gründern der In-Tech sowie der Pepper Motion GmbH, Christian Wagner und Bastian Friedrich.
  • Umsatz erzeugt driveblocks gegenwärtig mit Entwicklungslizenzen, später sollen Produktionslizenzen folgen.
  • Update vom 14.09.2023: driveblocks sammelt 2,2 Mio. € Startkapital unter der Führung von Rethink Ventures und Bayern Kapital GmbH ein.

Standorte:

München-Garching

Kooperationen/Forschungsprojekte:

  • Nachrüstung einer Versuchszugmaschine mit Automotive-Sensoren und -Aktorik in Kooperation mit Pepper Motion inkl. Straßenzulassung
  • Kooperation mit Apex.AI

So geht’s weiter:

  • Q2 2023: Erweiterter Fahrzeugversuch auf einem Testgelände
  • Q3 2023: Test unter Betriebsbedingungen in Kooperation mit einem Pilotkunden (Spediteur)

Das steckt hinter Mapless Autonomy:

Mapless Autonomy ist ein Softwarebaukasten, der es Anwendern ermöglicht, kundenspezifische Lösungen auf Basis standardisierter und geprüfter Softwarekomponenten von Grund auf neu zu erstellen oder diese mit bereits vorhandenen Komponenten zu kombinieren. Zu den verfügbaren Modulen gehören: Algorithmen zur Objekterkennung, Umfeldwahrnehmung, Sensorfusion und der Bahnplanung.

Mit den Algorithmen lassen sich Funktionen für das automatisierte und autonome Fahren implementieren, die ohne hochgenaue Karten und einen fehleranfälligen Datenaustausch mit der Cloud auskommen. Damit unterscheidet sich der driveblocks-Ansatz fundamental von dem zahlreicher anderer Start-ups, wie Torc Robotics, TuSimple, Aurora, oder Plus.

driveblocks erreicht die erforderliche hohe Performance durch die Skalierbarkeit der Lösung: Die Aufgaben sind bei Mapless Autonomy in hunderte kleinere Unterfunktionen aufgeteilt und können so (fast) beliebig parallelisiert, bei Bedarf redundant ausgeführt und einfacher aktualisiert werden. Steht leistungsfähigere Hardware zur Verfügung, kann diese so problemlos ausgereizt werden. Zusätzlich erleichtert wird dies durch die Hardwareunabhängigkeit der Software: Die Komponenten sind kompatibel mit verschiedenen Rechenplattformen wie x86, ARM und konventionellen Mikrocontrollern. Zudem können Daten von LIDAR-, RADAR- und Kamerasensoren verschiedener Hersteller verarbeitet werden, die dann zu einem konsistenten Umfeldmodel zusammengeführt werden.

Dabei werden aus den einzelnen Sensordatenströme nicht erst separate Modalitäten erzeugt, die dann in einem zweiten Schritt zu einem vollständigen Umfeldmodell fusioniert werden, sondern für jeden Sensordatenstrom wird bereits eine Deep-Learning-gestützte Feature-Detektion mit geringem Abstraktionsgrad durchgeführt, um relevante Merkmale im Umfeld des Fahrzeugs zu identifizieren.

Entsprechend einfach lassen sich Sensoren hinzufügen oder austauschen. Dies erleichtert dem Anwender die Implementierung unterschiedlicher Fahrzeug-Setups für unterschiedliche Anforderungsprofile der Fahrzeuge.

Mit Deep-Learing-Algorithmen in Verbindung mit einer frühen Sensorfusion identifiziert driveblocks relevante Objekte. ©driveblocks

Die Entwicklung der Software orientiert sich an den Normen ISO 26262 bzw. ISO/PAS 21448 sowie europäischen und internationalen Rechtsvorschriften für autonome Fahrzeuge. Die Entwickler haben gerade im Hinblick auf das methodische Vorgehen sowie die Strategien zur Bewältigung von Extremsituationen auf die Erfahrungen aus ihrer Zeit aufgebaut, in der sie an autonomen Fahrzeugen für den Rennsport gearbeitet haben. Um die Integration mit anderen Softwarekomponenten zu erleichtern, hat driveblocks eine Softwarearchitektur definiert, die die Kommunikation zwischen den Komponenten regelt. Wo möglich setzt das Start-up dabei auf Kompatibilität zu vorhandenen (Defacto-) Open-Source-Standards wie ROS 2 und DDS.

driveblocks hat berechnet, dass sich für Transportservice-Anbieter mit diesem Ansatz ein Einsparungspotenzial von 60 bis 70 Prozent der Fahrerkosten eröffnet. Zum Vergleich: Die Kosten für einen Fahrer beziffert das Start-up je nach Anwendung mit 40 ct/km.